Übelkeit und Erbrechen zählen nicht nur zu den häufigsten, sondern neben Haarausfall auch zu den belastendsten Nebenwirkungen einer Chemotherapie. Bis zu 15-mal hätten sich Patientinnen zu Beginn seiner Laufbahn währenddessen pro Tag übergeben. Das sei damals ganz normal gewesen, so Prof. Dr. med. Jalid Sehouli zu Beginn der Themen-Folge des Krebs-Podcasts. Seither hat sich in der Krebsmedizin sehr viel bewegt. Was genau das ist, welche Bedeutung Übelkeit und Erbrechen auch heute noch haben und wie Patientinnen und Patienten ihre Therapie selbst unterstützen können, erfahren Sie hier.

Wichtig: Mut machen und den Dialog für eine bestmögliche Kontrolle suchen

Vor, während und auch noch Tage nach einer Chemotherapie können Übelkeit und Erbrechen auftreten. Die in den verschiedenen Phasen auftretenden Beschwerden sind heute durch moderne Medikamente effektiv behandelbar. Dafür ist es wichtig, Ärztinnen und Ärzte ausreichend zu schulen und auch die Patientinnen und Patienten aktiv in den Dialog mit einzubeziehen.

„Es ist und bleibt eines der wichtigsten Themen in der Krebsmedizin.“

Die Therapie sollte dabei auf die individuelle Patientensituation angepasst werden. Im Bedarfsfall gilt es nachzusteuern, mit dem erklärten Ziel, die Lebensqualität der Betroffenen während der Therapie zu steigern.

Verschiedene Arten von Übelkeit und Erbrechen kennen und behandeln

Medizinisch gilt es, akute (<24h) von verzögerter (3-5 Tage) und diese von antizipatorischer Übelkeit und Erbrechen zu unterscheiden. Für die Behandlung aller drei gibt es effektive Medikamente, die laut Sehouli bereits zu Beginn der Therapie zum Einsatz kommen sollten. Das Wohlbefinden der Patientinnen und Patienten trägt dabei wesentlich zum Erfolg der (Krebs)Behandlung bei. Unbehandelt führen Übelkeit und Erbrechen zu steigenden Risiken und weiteren negativen Auswirkungen. So kann es durch den Elektrolytverlust zu Komplikationen bei Herz-Rhythmusstörungen kommen, gleichzeitig trägt der Verlust auch zu Veränderungen am Magen-Darm-Trakt bei, die eine durch die Therapie entstehende Verstopfung noch weiter verschlimmern können. Auch die Nierenfunktion kann durch den Flüssigkeitsverlust deutlich eingeschränkt werden.

„Lebensqualität ist nicht nur für die Symptomkontrolle von Bedeutung, sie hat auch Einfluss auf das Überleben. Wir müssen das Thema Übelkeit und Erbrechen auf allen Ebenen entmystifizieren.“

Gerade das Thema Angst spielt bei den Patientinnen und Patienten eine große Rolle. Und so möchte Prof. Sehouli den Betroffenen Mut machen, mit den behandelnden Ärztinnen und Ärzten in den offenen Dialog zu gehen, Nebenwirkungen aktiv anzusprechen, zu dokumentieren und vor allem ernst zu nehmen.

Bedeutung der Aufklärung: Was können Patientinnen und Patienten ergänzend tun?

Aus Sicht der Experten sollte das Thema Nebenwirkungen ein zentraler Punkt in der Beratung ausmachen.

„Ich wünsche mir eine Starter-Sprechstunde, in der vorab besprochen wird, was wann auftreten kann, wie man auftretende Nebenwirkungen frühzeitig erkennen und an wen man sich bei Bedarf wenden kann.“

Unabhängig von der Beratung empfiehlt der Experte, die Medikamente wie verordnet einzunehmen. Insbesondere eigenständiges Absetzen gilt es, unbedingt zu vermeiden. Sollte es Widerwillen gegen eine bestimmte Verabreichungsform geben, kann dies mit dem behandelnden Arzt oder der behandelnden Ärztin offen besprochen und nach Alternativen gesucht werden. Auch beim Thema Bewegung und Ernährung sieht Prof. Sehouli Linderungspotenzial. So können leichtere Speisen und eine mäßige Bewegung in der sensiblen Therapiephase zu einer besseren Verträglichkeit beitragen. Sie sind jedoch unterstützend und kein Ersatz für eine medikamentöse Behandlung.

Übelkeit und Erbrechen bleibt auch in der personalisierten Medizin ein großes Thema

Auch bei den modernen Krebstherapien spielen Nebenwirkungen noch immer eine zentrale Rolle. Aktuell gibt es laut Sehouli keine Therapie, die ohne Nebenwirkungen auskommt oder jemals auskommen wird.

„Die neuen Therapien werden immer intelligenter. Aber so zielgenau sie auch sind, verursachen sie immer noch die klassischen Nebenwirkungen.“

Daher sollte Übelkeit und Erbrechen nach wie vor als wichtiges Thema in der Prophylaxe und Therapie Einfluss finden. Prof. Dr. med. Jalid Sehouli ist Direktor der Klinik für Gynäkologie mit Zentrum für onkologische Chirurgie (CVK) und Klinik für Gynäkologie (CBF) der Charité Berlin. Er hat auch an der Erstellung dieser Website beratend mitgewirkt. Dr. med. Robert Armbrust ist Facharzt für gynäkologische Onkologie und Oberarzt am Zentrum für onkologische Chirurgie (CVK) der Charité Berlin. Beide engagieren sich in der Deutschen Stiftung Eierstockkrebs.